Irina Scherbakowa von Memorial am HGF


Irina Scherbakowa am HGF: Das Hohelied der Geschichte
Irina Scherbakowa, Gründungsmitglied von Memorial, der mittlerweile in Russland verbotenen Menschenrechtsorganisation, die sich der Dokumentation und Aufarbeitung der sowjetischen und russischen Geschichte verschrieben hat und die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, sprach am Freitag, dem 3.3.2023, in der Gereonskapelle in Forchheim mit Schülern der Q12 des Herder-Gymnasiums Forchheim und Ehrengästen aus der Politik, dem Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber, dem Forchheimer Landrat Dr. Ulm, dem Oberbürgermeister der Stadt Forchheim, Dr. Kirschstein, und MdL Hofmann.
Dabei betonte sie den extrem hohen Stellenwert der Geschichte und der präzisen Beschäftigung mit der Vergangenheit. „Jedes Leben verdient es, dokumentiert zu werden" – unter dieses Motto stellt sie die Arbeit von Memorial, wo die Geschichten des Lebens, Verschwindens und Sterbens eines großen Anteils der Bevölkerung der ehemaligen Sowjetunion gesammelt werden. Dass die Repressalien der Stalinzeit, die Memorial nach Perestrojka aufarbeiten wollte, Parallelen im Russland des 21. Jahrhunderts finden würden, war für Frau Scherbakowa schier unvorstellbar, sie nannte aber Beispiele für diese Parallelen: Schier unvorstellbar für uns, nicht einmal ein Bild der eigenen Eltern sehen zu können, weil selbst Fotos von ihnen aus gut nachvollziehbarer Angst zerstört wurden. Schier unvorstellbar für uns, nicht frei sprechen zu dürfen, immer Angst haben zu müssen, die eigene Meinung könne entdeckt werden, selbst in der Schule keinen Schutzraum zu finden, ja sogar dort Denunziantentum fürchten zu müssen – und dies gilt für Schüler, Schülerinnen und Lehrkräfte. Schier unvorstellbar für uns, über Menschenrechte überhaupt nachdenken zu müssen.
In diesem beeindruckenden und bemerkenswerten Vortrag wurde sowohl der hohe Wert der Demokratie und der Freiheiten, die wir so selbstverständlich genießen, als auch der der Geschichte mit der Aufgabe der Erinnerung allen Zuhörenden sehr deutlich vor Augen geführt.
Dennoch schloss Frau Scherbakowa ihre Ausführungen mit einer Portion Optimismus: Hoffnung auf eine humane Zukunft gebe es dennoch, auch wenn dafür Zeit, internationale Anstrengung und Geschlossenheit nötig sein würden. Die anschließenden Fragen der Q12 zeigten, dass sie die Tragweite der Botschaft von Frau Scherbakowa und Memorial verstanden haben.


Vielen Dank. Spasibo.

Text und Fotos: M. Schweinzer u. G. Friday


Bilder vom Besuch von Frau Scherbakowa am HGF

Irina Scherbakowa von Memorial, Friedensnobelpreis 2022, und Herr Dr. Kuntke vor dem HGF


Beim Vortrag in der Gereonskapelle


Anlässlich des Besuchs von Frau Scherbakowa und des Jahrestags des Kriegsbeginn rief die SMV wieder zu einer Aktion im Rahmen von "Freitag für den Frieden" auf.

461 - die Zahl der ukrainischen Kinder, die bisher in diesem Krieg starben.